Wirtschaftlicher Niedergang

DER ERSTE WELTKRIEG UND SEINE FOLGEN:

Neben der allgemeinen Fehlentwicklung wurde der wirtschaftliche Niedergang beschleunigt durch die Auswirkungen und Folgen zweier Kriege:

Die Insel Sylt wurde bereits im ersten Weltkrieg für jeden Kurbetrieb gesperrt.
Die für das Fremdenbeherbergungsgewerbe zweckbestimmten Häuser wurden stillgelegt und ihren Eigentümern für die Dauer von 4 Jahren jede Verdienstmöglichkeit genommen.

Die Auswirkungen führten damals zum völligen Zusammenbruch der Inselwirtschaft.

In Anerkennung der besonderen Notlage wurde nach dem ersten Weltkriege die sog. "Inselhilfe" ins Leben gerufen, die durch Gewährung von Krediten zu günstigen Bedingungen an die Inselwirtschaft und später durch steuerliche Vorteile (Grundsteuer, Hauszinssteuer, Hauszinssteuerabgeltung pp.) dieser Notlage der insularen Bäder steuern sollte.

Die kurz darauf einsetzende Inflation vereitelte einen vollen Erfolg der damaligen "Inselhilfe".

Die Frequenz des Nordseebades Westerland betrug in jenen Jahren nur etwas mehr als 1/2 der Vorkriegsjahre. Die sommerlichen Einnahmen der Freindenverkehrswirtschaft – fürs ganze Jahr bestimmt – zerrannen unter den Händen.

In den folgenden Jahren bis 1933 konnten die Vorkriegsbesucherzahlen nicht annähernd wieder erreicht werden.

Nach 1933 bedrohte die Preispolitik der K. d. F.-Reisen die Wirtschaftlichkeit der Betriebe.

Beispiele für die Verhältnisse zwischen den Weltkriegen:

1.
Antrag des Hausbesitzervereins Westerland vom 1. Dezember 1934 an die Regierung:

a) Gewährung staatlicher Hilfe durch Umschuldung vorhandener hochverzinslicher Hypotheken,

b) Umschuldung fälliger und demnächst fällig werdender Hypotheken vermittels einer staatlich beauftragten Bank,

c) Erklärung zum Notstandsgebiet.
In dem eingehend begründeten Antrage fa8t der Hausbesitzerverein das Ergebnis einer Rundfrage an seine Mitglieder dahin zusammen, daß

1. die Hypothekenbelastungen im Verhältnis zum Wert der Häuser sehr hoch sind,

2. bis 9 1/2 Prozent Zinsen bezahlt werden, vereinzelt auch 9 Prozent zuzügl. 2 Prozent Amortisation,

3. kein Hausbesitzer Überschuß aus seinem festgelegten Vermögen bezieht und auch seine Arbeitsleistung keine nur einigermaßen entsprechende Bezahlung erfährt,

4. noch für 255 870,– RM Instandsetzungsarbeiten in 126 Fällen auszuführen sind, für welche in fast allen Fällen die Mittel fehlen und in Westerland insgesamt für rd. 1 Mill. Mark dringende Instandsetzungsarbeiten zu leisten sein dürften, für die Mittel nicht vorhanden sind.

2. Zusammenfassung im Verwaltungsbericht des Bades aus dem Jahre 1938:

"Allerdings mu8 auch in diesem Jahre wieder betont werden, daß die Einrichtungen des Bades zum Teil außerordentlich reparaturbedürftig sind und in einigen Zweigen nicht mehr den Anforderungen, die heute an ein Bad solchen Rufes wie Westerland gestellt werden, genügen!"

Weder das private Beherbergungsgewerbe noch das Bad selbst waren in der Zeit zwischen den Kriegen in der Lage, sich auch nur einigerma8en von den Auswirkungen des ersten wirtschaftlich zu erholen.

DER ZWEITE WELTKRIEG UND SEINE FOLGEN:

Wirtschaftlich noch nach dem 1. Kriege nicht wieder erholt, mußten die katastrophalen Auswirkungen des letzten Krieges die Seebäder besonders schwer treffen:

SPERRUNG DER INSEL FÜR JEDEN KURBETRIEB AUF DIE DAUER VON 6 JAHREN:

Die Saison 1939 wurde durch den Kriegsaupbruch vorzeitig abgebrochen. Durch behördliche Anordnung blieben die Inselbäder – im Gegensatz zu anderen Bädern – von 1940–1945 für jeden Fremdenverkehr gesperrt. Dem Beherbergungsgewerbe wurde damit erneut sechs Jahre lang seine Verdienstmöglichkeit genommen. Der Verwaltung des Bades standen keinerlei Mittel aus Kurtax- oder sonstigen Erlösen des Kurbetriebes zur Verfügung. Notwendigste Unterhaltungsarbeiten an den Anlagen und Einrichtungen mu8ten unterbleiben. Darüber hinaus wurde der Verwaltung die Nutzung vorhandenen Inventars – z. B. Vermietung von Strandkörben an Einheimische und eine Einnahmemöglichkeit daraus entzogen. Der Kommandant im Abschnitt Sylt verfügte unter dem 7. 5. 1940 – Br. B. Nr. 5129 –:

"Die Aufstellung von Strandkörben ist für die Kriegsdauer verboten."

Eine Stützungsaktion mit Reichsmitteln für Betriebe des Gaststätten- und Beherbergungsgewerbes in den militärisch gesperrten Nordseebädern im Jahre 1940 und den folgenden Jahren vermochte die Auswirkungen nur in kleinem Umfange zu mildern. Gewährt wurden Beihilfen zur Bezahlung von Schuldenzinsen, Steuern und Abgaben, Mietbeträgen und Versicherungsbeiträgen, Ausgaben zur Instandsetzung von Baulichkeiten pp.

Die Hilfsaktion hörte mit dem Ende des Krieges auf. Sie war eine Anerkennung der zwingenden Notwendigkeit eines Einsatzes von Reichsmitteln zur Erhaltung der Betriebe.

Nicht verhindern konnte die Aktion die nachstehend aufgezeigten Folgen.

BEVÖLKERUNGSÜBERDRUCK:

In der Anlage wird eine Übersicht über die Entwicklung des Nordseebades Westerland von 1855 – 1951 hinsichtlich der Einwohner- und der Kurgastzahlen beigefügt.

Danach wuchs die Einwohnerzahl Westerlands von 1855 bis zum Jahre 1930, also in 79 Jahren, organisch mit der Entwicklung des Fremdenverkehrs um rd. 3000 Personen auf 3600 Einwohner.

Mit dem Ausbau militärischer Anlagen auf der Insel und damit durch Zuzug von Wehrmachtsangehörigen wuchs alsdann die Einwohnerzahl von 1934 – 1940, also in 6 Jahren, um nicht weniger als rd. 4000 Personen auf 7700 Einwohner. Diese Wehrmachtsangehörigen waren vom Fremdenverkehr unabhängig. Damit wurde bereits hier die Entwicklung der Bevölkerungszahl Westerlands unorganisch. Etwa 3/4 davon verblieben auch nach der Kapitulation in Westerland.

Zu dieser Zahl traten nach 1945 erneut rd. 4000 Heimatvertriebene aus den Ostgebieten.

Auch dieser Teil der Bevölkerung stand in keinerlei Beziehung zur Erwerbsquelle der Inselbevölkerung, dem Fremdenverkehr.

Trotz Abxuges ehemaliger Wehrmachtsangehöriger und trotz Umsiedlung von Heimatvertriebenen zählt Westerland heute noch nahezu 9000 Einwohner, und
diese Zahl steht in einem wirtschaftlich untragbaren Verhältnis zum Umfange des Fremdenverkehrs.

Die wirtschaftliche Struktur des Bades hat sich auch seit dem Jahre 1934 nicht nennenswert verändert: Landwirtschaftliche oder industrielle Einrichtungen grö8eren Umfanges oder eine Fischereiwirtschaft erstanden nicht,

die Bevölkerungsxahl aber wuchs seitdem um über 150 v. H. !

In der Vorkriegs-Saison 1911 entfielen auf einen Einwohner mehr als 13 Kurgäste, in der 5aison 1950 waren es reichlich 2, in der Saison 1951 reichlich 3 Kurgäste. Das Verhältnis Einwohner zu Kurgästen gleicht in der letzten Entwicklungsphase von 1946 bis heute etwa den ersten Jahren nach der Gründung des Bades.

Auf jeden Einwohner entfielen im Jahre 1914 2 Fremdenbetten, 1939 1, 1946 1/5 und 1951 2/3 Fremdenbett.

Diese Verhältnisse sind wirtschaftlich völlig untragbar. Sie liegen in allen Orten der Insel Sylt und auf den Inseln Föhr und Amrum ähnlich, dürften aber sonst ohne Beispiel sein, selbst in Bädern, die nicht derart ausschlie81ich auf Erwerb aus Fremdenverkehr angewiesen sind.

ARBEITSLOSIGKEIT:

Eine zwangsläufige Folge des starken Bevölkerungsüberdrucks mu8te in den Nachkriegsjahren eine Arbeitslosigkeit in einem bisher nicht gekannten Ausmaß sein. Besonders kraß trat dies zu Tage in den Gemeinden List und Hörnum, wo sich die Einwohner heute zu 90 Prozent aus ehemaligen Wehrmachtsangehörigen zusammensetzen. In diesen Orten betrug die Arbeitslosigkeit zeitweilig bis zu 90 v. H. der Einwohner.

In der Anlage wird eine Übersicht des Arbeitsamtes Flensburg über die Arbeitslosenziffern auf der Insel Sylt in den Jahren 1948-1950 beigefügt. Diese Aufstellung zeigt selbst in den Hochsommermonaten Juli und August (Hauptsaison) einen festen Bestand an Arbeitslosen.

GRENZPOLITSCHE PROBLEME

in besonders starkem Ausmaße nach dem letzten Kriege entstanden im wesentlichen aus der wirtschaftlichen Not des nördlichen Grenzgebietes. Landesdirektor a. D. Jens Nydahl, früherer Landesbeauftragter für den Landesteil Schleswig, forderte u. a. kürzlich auf einer Kundgebung eine wesentlich stärkere wirtschaftliche Hilfe für das Grenzland mit folgenden Worten:

"Wir können Millionen für die Erfüllung kultureller Aufgaben ausgeben - es wird uns aber nichts nützen, wenn wir keine Existenzen schaffen!"

Nydahl führte dazu weiter aus, daß die soziale und wirtschaftliche Not im Grenzgebiet nach 1945 für die dänische Orientierung der Bevölkerung ausschlaggebend gewesen ist. Deshalb müsse alles getan werden, um das soziale Gefälle zwischen dem Norden und dem Süden durch wirtschaftliche Investitionen auszugleichen.

Den Umfang dieser Orientierung nach dem Norden zeigt die Tatsache, daß noch bei den letzten Kommunalwahlen im Jahre 1951 für die Dänenpartei (SSW) mehr Stimmen abgegeben wurden als für die SPD und fast ebensowiel wie für die CDU.

ZWECKENTFREMDUNG VON BEHERBERGUNGSBETRIEBEN:

In großem Umfange mußte zur Unterbringung der Heimatvertriebenen auf die gewerblichen Betriebe zurückgegriffen werden. Teilweise waren solche Betriebe bereits im Laufe des Krieges für Dauerwohnungen zweckentfremdet worden.

Inanspruchnahme während des Krieges durch die Wehrmacht und nachfolgfende Zwangsbelegung führten zu weiterem Verfall der Vermietungsbetriebe und deren Einrichtungen.

In der ersten Nachkriegssaison 1946 standen insgesamt rd. 2000 Fremdenbetten für den Kurbetrieb zur Verfügung gegenüber rd. 7000 Fremdenbetten vor dem Kriege.

Trotz einer erheblichen Zunahme der privaten - nebengewerblichen - Vermieter konnte die Vorkriegsbettenzahl bisher noch nicht wieder erreicht werden.

Die Zunahme an nebengewerblichen Vermietern ist eine zwangsläufige Folge der Notlage der Bevölkerung.

Weitere Zweckentfremdung großer Betriebe droht - wie schon nach dem ersten Weltkriege - durch Einrichtung von Kinderheimen, weil unter dem Druck der Verhältnisse eine Rentabilität dieser Betriebe nicht zu erzielen ist.

MASSNAHMEN DER BESATZUNGSMACHT:

Durch Beschlagnahme von Hotels, Fremdenheimen und Privathäusern wurden weite Fremdenbetten dem Kurbetrieb entzogen.
Alle am Strande überhaupt vorhandenen und für den Aufenthalt der Kurgäste bestimmten Gebäude waren Jahre hindurch für Zwecke der Besatzungsmacht beschlagnahmt. Die größte dieser beschlagnahmten Strandhallen (die Kurhausstrandhalle) brannte im Frühjahr 1946 ab, ohne daß bis zur Währungsreform ein Ersatzbau erstellt werden konnte. Die Versicherungssumme verfiel bei der Währungsreform. Durch das völlige Fehlen langfristiger Mittel konnte bisher nur ein völlig unzurechendes Provisorium erstellt werden.

Nach Auflösung des "Leave Centr" im Jahre 1949 und Rückgabe einer Strandhalle - sie konnte bis heute infolge fehlender Mittel nicht einmal renoviert werden - ist auch heute nauch unmittelbar an der Kurpromenade eine für die Kurgäste bestimmte Strandhalle beschlagnahmt, desgleichen - neben verschiedenen Privathäusern - das größte Hotel des Bades.

In unmittelbarer Nähe Westerlands unterhält die Besatzungsmacht weiterhin einen militärischen Flugplatz für Übungsflüge mit D ü s e n j ä g e r n. Vor der Kücte aund dem Strande der Bäderinsel Sylt werden Schießübungen mit Flugzeugen (Düsenjägern) durchgeführt, neuerdings in unmittelbarer Nähe des Badeortes List auch Schießübungen mit schweren Geschützen.

Nicht nur die tatsächlichen Besatzungsschäden wurden bisher völlig unzureichend entschädigt, sondern der gesamte Kurbetrieb wird auch weiterhin durch Maßnahmen der Besatzungsmacht in einem nicht zu errechnenden Ausmaße geschädigt.

Die Folgen dieser Schädigung sind nicht abzusehen. Der Existenzaufbau auf der Grundlage eines Heilbades wird dadurch unmöglich.

Ein
Beispiel: Beigefügtes Schreiben der Ärztekammer Niedersachsen - Bezirksstelle Osnabrück - vom 29.4.1952, wo es u. a. heißt:

"Eine ganze Reihe von Patienten, denen ich Westerland dringend empfohlen hatte, haben mir erklärt, nicht wieder dorthin zu gehen, solange der Flugplatz von den englischen Fliegern und Düsenjägern benutzt wird."

Der Ärztekammer mußte mitgeteilt werden, daß alle bisherigen Bemühungen fehlgeschlagen sind.

KRIEGSBEDINGTER VERFALL UND VERLUST VON KUREINRICHTUNGEN:

Zwangsläufige Unterlassung von Unterhaltungsarbeiten an den Anlagen während des Krieges führten zum Verfall und zum Verlust wertvoller und für das Bad unentbehrlicher Anlagen, z.B. von zwei Seebadeanlagen, den einzigen, die das Bad besaß. Diese Anlagen konnten auch bis heute infolge fehlender Mittel nicht wieder erstellt werden. Desgleichen konnten dringendste größere Reparaturen an den sonstigen Anlagen auch bis heute nicht durchgeführt werden. Ebenso war die Inangriffnahme von dringend notwendigen Verbesserungen - insbesondere zur Erzielung einer Verlängerung der betriebszeit - nicht möglich, obwohl das gesamte Gewerbe des Bades von diesen Maßnahmen entscheidend abhängig ist.

AUSWIRKUNGEN DER WÄHRUNGSREFORM:

War die Durchführung eines Kurbetriebes bis zur Währungsreform mit größten Schwierigkeiten verbunden, so wurde trotzdem alles unternommen, um diesen Kurbetrieb weitgehend zu normalisieren. Dennoch arbeiteten die Betriebe in den Jahren 1946-1948 ohne jeden Ertrag.

Bei der Durchführung der Währungsreform mitten in der Saison fielen nahezu 6 Wochen der an sich schon kurzen Kurzeit in den Seebädern völlig aus. Während keine Gäste in den Bädern weilten, liefen die Unkosten der Betriebe für Personal pp. weiter, so daß die Betriebe fast ausnahmslos in dieser Zeit ihre aus der Währungsreform gerettete Aufwertung einbüßten und stark verschuldeten.

Die Verwaltungen der Bäder wurden als Betriebe der öffentlichen Hand jeglicher Mittel entblößt.

Wir in den voraufgegangenen Jahren mußten durch die Währungsreform auch im Jahre 1948 die Beherbergungsbetriebe und die Verwaltungen der Bäder infolgedessen ohne jeden Ertrag arbeiten.

AUSWIRKUNGEN DURCH DEN AUSFALL DER OSTGEBIETE:

Die nordfriesischen Inselbäder waren in besonders starkem Umfange aus Berlin und den heutigen Ostgebieten besucht.In Westerland betrug der Anteil der Kurgäste aus diesen Gebieten im Jahre 1938 nicht weniger als 43 v. H. Dieser Ausfall konnte auch in den Jahren 1949 und 1950 aus anderen Gebieten nicht ersetzt werden. Wenn in der Saison 1951 nach Erreichung der Besucherzahl aus dem Jahre 1938 dieser Ausgleich zahlenmäßig gelungen ist, konnte infolge der erhöhten bevölkerungszahl ein ähnliches wirtschaftliches Ergebnis auch nicht annähernd erzielt werden.

KRIEGSBEDINGTER FAST VÖLLIGER VERLUST DES ZENTRALSTRANDES:

Im Jahre 1911 mußte die Stadt Westerland gegenüber dem Staat "die öffentlich rechtliche Verpflichtung zur dauernden Unterhaltung der Strandmauer" vor dem Stadtgebiet übernehmen. Auch der Vertrag aus dem Jahre 1922 stellt zu diesem Objekt mit einem Anlagewert von einigen Millionen fest: "Die Strandmauer bleibt auch in Zukunft eine kommunale Einrichtung, zu deren Unterhaltung die Stadt Westerland verpflichtet ist...... insbesondere hat die Stadt auch ferner die Zins- und Tilgungsraten für die von ihr bisher aufgebrachten Kosten aufzubringen."

Für die Erhaltung der Mauer war ein ausreichender Buhnenschutz - durch den Staat durchzuführen - unerläßlich. Dieser Buhnenschutz wurde während des Krieges zwangsläufig in starkem Maße vernachlässigt. Die Folge war ein Verlust das der Mauer vorgelagerten Strandes in erheblichem Umfange. Dieser Verlust führte zu einer völligen Veränderung des früher von den Kurgästen benutzten Strandes.

Der Zentralstrand des Bades vor der Strandmauer wurde dadurch - kriegsbedingt - nahezu um die Hälfte reduziert.

Durch den Verlust des der Mauer vorgelagerten Strandes ist die Mauer heute zum Küstenschutz geworden und einer ständigen und weit stärkeren Einwirkung des Meeres ausgesetzt. Abgesehen von einer starken Beeinträchtigung des Kurbetriebes dadurch, hat die Stadt Westerland zukünftig wesentlich höhere anteilige Unterhaltungskosten für die Erhaltung der Mauer aufzuwenden.

Ursache dieser erhöhten Aufwendungen ist die kriegsbedingte Vernachlässigung des Buhnenschutzes vor der Strandmauer.

ZWANGSENTEIGNUNG VON EINRICHTUNGSGEGENSTÄNDEN:

Zwangsenteignungen von Inventar aus den Beherbergungsbetrieben erfolgten auf der Insel Sylt noch bis zum März 1945, danach auch bis zum Jahre 1948 noch durch die Besatzungsmacht. Alle dem Beherbergungsgewerbe dienende Einrichtungsgegenstände, soweit sie nicht benutzt wurden, mußten vor 1945 gemeldet und abgegeben werden. Ersatzbeschaffungsmöglichkeiten aus den an sich schon niedrigen Entschädigungen bestanden nicht. Rücklagen dafür sind in der Währungsreform untergegangen.

NACHKRIEGSBEDINGTE PREISBILDUNG:

Die besonderen wirtschaftlichen Nachkriegsverhältnisse und eine zwingende Notwendigkeit zur Unterhaltung der Konkurrenzfähigkeit der Seebäder gegenüber de besser frequentierten Binnenlandsbädern verbietet eine Angleichung an die allgemeine Preisentwicklung, sowohl im Beherbergungsgewerbe wie auch in der Verwaltung des Bades selbst (Kurtaxe, Strandkorbmieten etc.). Obwohl die insulare Lage und eine knappe 50-Tage-Saison in den Seebädern zu einer höheren Preisbildung geradezu zwingen, konnten die Preise unter Berücksichtigung der verschiedenen Nachkriegsfaktoren gegenüber der Vorkriegszeit kaum erhöht werden.

Die Folge ist eine Unrentabilität im Beherbergungsgewerbe und in der Verwaltung des Bades.

VERÄNDERUNG DER VERKEHRSLAGE:

Die insularen nordfriesischen Bäder sind durch die veränderte Struktur der Bundesrepublik nach dem Kriege und die Entfernung zu den heutigen Schlüsselgebieten des Fremdenverkehrs nicht nur zum Süden, sondern auch zum Osten ausgesprochene Randgebiete geworden.

Die nach dem Kriege durchgeführten Tariferhöhungen der Verkehrsträger müssen sich unter diesen Umständen und unter den besonderen allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnissen besonders hemmend auf den Fremdenverkehr dieser Bäder auswirken.

Die erhöhten Fahrtkosten können durch eine niedrige Preisgestaltung im Beherbergungsgewerbe nicht ausgeglichen werden.

Schädigung des Beherbergungsgewerbes durch Privatvermietung:

Außerwirtschaftliche Faktoren haben zu einer ständig zunehmenden Bevölkerung und zu einem durch Einsatz öffentlicher Mittel geförderten Wohnungsbau - insbesondere auch im Zuge der Aufrüstung - geführt. Infolge des Fortfalls der früheren Existenzgrundlagen dieses Bevölkerungsteiles sind die Inhaber dieser Wohnungen gezwungen, ihre Wohnungen während der Saison zu Beherbergungszwecken zu vermieten, da sie anderenfalls größtenteils ohne jedes Einkommen sind.

Begünstigt durch die Möglichkeiten eioner anderen Preisgestaltung als in den gewerblichen Betrieben wird die Frequenz des Gewerbes vermindert mit dem Ergebnis, daß der eigentliche Steuerträger des Bades mehr und mehr verelendet und verschuldet und zur Wiederherstellung seiner früheren Leistungskraft nicht in der Lage ist.

SOFORTHILFE UND LASTENAUSGLEICH:

Die insularen Bäder der nordfriesischen Inseln sind - wie vorstehend dargelegt - durch die Auswirkungen zweier Kriege ungewöhnlich schwer getroffen worden.

Diese Auswirkungen haben zu einer ständig fortschreitenden Aushöhlung der Anlagenwerte geführt. Die jahrelangen Materialleistungen zugunsten der Allgemeinheit - direkter Art durch Zwnagsbelegung und Beschlagnahmen und indirekter Art durch Verkehrs- und Betriebssperre - konnten sich erst nach der Währungsreform in vollem Umfange auswirken, da die Betriebe gezwungen werden, zur Deckung der Verluste gute DM im Wege der Kreditaufnahme aufzuwenden, oder den Betrieb einzustellen.

So hatten die Betriebe nicht nur nicht die Möglichkeit, ihre Vorkriegsschäden zu tilgen, sondern

sie müssen außerdem die ihnen auferlegten S o n d e r - Pflichten zugunsten der Allgemeinheit durch zusätzliche Verschuldung auf sich nehmen!

Angesichts dieser Härten, die in einzigartiger Weise das Beherbergungsgewerbe in den Seebädern trifft, ist insbesondere eine Befreiung vom Lastenausgleich einschließlich der Hypothekengewinnabgabe durch die Umstellungsgrundschulden dringlich.

Zur Vermeidung einer stärkeren Veräußerung gewerblichen Vermögens, die eine weitere Schwächung der Existenzgrundlage darstellen würde, ist eine allgemeine Stundung der Soforthilfe mit Aussicht auf Erlaß unvermeidlich, desgleichen eine besondere Härteregelung im Lastenausgleich dahingehend, daß die insularen Seebäder von Abgaben freigestellt werden.